[ 5. November 2016 ]

SPRINGE – UNGROUNDED @ Q::Deformation von Raum und Zeit

Von: -g-
Datum: Fri, 4 Nov 2016
Betreff: UNGROUNDED @ Q::Deformation von Raum und Zeit

UNGROUNDED
Begehbare Raumblase mit interaktiver, audiovisueller Installation
von georg klein

Q [‚kju] – Deformation von Raum und Zeit Kunst trifft Wissenschaft – Wissenschaft trifft Kunst

Eröffnung: Do 10.11. 2016, 18-21Uhr
Ausstellung: 11. – 24.11. 2016, 12-18Uhr (Montags geschlossen)
Nord/LB art gallery
Ecke Friedrichswall/Williy-Brandt-Allee (U Aegidientorplatz)
Veranstalter: Hermannshof e.V. in Kooperation mit SFB geo-Q der Leibniz-Universität Hannover
http://www.hermannshof.de/programm/aktuell/detailseite/veranstaltungen/q-kju-deformation-von-raum-und-zeit.html

Die Messinstrumente werden immer präziser. Zeitmessung wird zur Raummessung: Die Sekunde soll demnächst auf die 18te Nachkommastelle bestimmt werden, wodurch eine neue – zentimeter­genaue – Höhenvermessung der Erde gelänge. Und trotzdem sind Raum und Zeit nicht fassbar.

Die radikale Infragestellung der gewohnten Sicht auf die Welt war ja das Schockierende und Faszinierende, das Einstein vor 100 Jahren mit seiner Allgemeinen Relativitätstheorie auslöste und Heisenberg etwas später mit seiner Unschärferelation verstärkte. Entscheidend ist dabei auch ein psychosoziales Moment: das der Unsicherheit, des schwankenden Untergrunds – und die Frage, woran ich Halt finde in einem vollkommen relativistischen Raum- und Zeitgefüge, das ja nicht nur physikalische Messgrößen betrifft sondern das gegenwärtig prekäre Lebensgefühl in unserer modernen Welt: Haltlosigkeit auszuhalten.

Bereits 100 Jahre vor Einstein hat Leibniz diese Ungewissheit in einer Frage auf den Punkt gebracht, der Frage nach dem letzten Grund, „the ultimate Why Question“, die sich durch die gesamte Philosophiegeschichte zieht, von Aristoteles bis Heidegger, und vor die uns die moderne Physik wieder stellt, seitdem Edwin Hubble durch die Entdeckung der Rotverschiebung ferner Galaxien die Urknall-Theorie begründete.

Die begehbare Raumblase spielt mit einer formlosen Form und gewährt dem Besucher einen Blick in eine gespiegelte Unendlichkeit. Raumwahrnehmung wie Zeitwahrnehmung werden heraus­gefordert in einer experimentellen Konstellation: Wie ein Elemenarteilchen bewegt sich der Besucher auf einer mit einem Laser ausgemessenen Strecke. Je nachdem wie sich der Besucher darauf bewegt, ergibt sich ein anderer Verlauf, eine live generierte, individuelle Version. Das Kunstwerk steht hier nicht als absolutes Werk fest, sondern ist als relatives Werk von dem Betrachter abhängig, womit en passant eine Grunderkenntnis der Relativität erfahrbar wird: der Beobachter verändert durch sein Beobachten das zu Beobachtende.

Inhalt der begehbaren Strecke in der Blase ist die Relativitätstheorie selbst, in Form der Einsteinschen Feldgleichungen, aufgrund derer sowohl die ‚Schwarzen Löcher‘ wie auch die ‚Gravitationswellen‘ vorhergesagt wurden (die erst jetzt, 100 Jahre später, erstmals experimentell nachgewiesen wurden unter Beteiligung des Albert-Einstein-Instituts Hannover). Kaum einer kennt Einstein’s Formel, die eine völlig neue Sicht auf das Verhältnis von Raum und Zeit begründete. Auf der interaktiven Strecke wandert man quasi durch seine Formel, den gesproch­enen Text. Zeitliches wird ver­räumlicht und Räumliches verzeitlicht und am Ende stößt man auf Leibniz‘ Frage aller Fragen.

Sprechstimmen: Johannes Wilms, Lucile Desamory, Jeremy Woodruff, Alessandra Eramo

http://www.georgklein.de