Subject: Unerhörte Musik | Newsletter | 2015 | Nr. 15
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Unerhörte Musik | Newsletter | 2015 | Nr. 15
NEWSLETTER 2015 | Nr. 15
29. September und 6. Oktober
„Eine vollkommene Ordnung wäre der Ruin allen Fortschritts und Vergnügens.“
(Robert Musil)
DEGEM,
unser Themenmonat Fokus: Inside-Piano geht in die Endrunde am
kommenden Dienstag, 29. September mit dem Virtuosen des Inside-Pianos,
Reinhold Friedl.
Er war es, der den Begriff einführte und der die flexiblen
Spieltechniken im Innenraum des Flügels sukzessive erweiterte.
Mit Witold Szaloneks Mutanza stellt er einen der Klassiker dieser
erweiterten Techniken vor, die, wie auch Mario Bertoncinis An American
Dream hier ganz im Dienste neuer Expressivität stehen. Alvin Luciers
und Helmut Lachenmanns Stücke hingegen arbeiten mit völlig reduziertem
Klangmaterial, während Reinhold Friedls Inside-Piano das Gegenteil
versucht:
wie macht man aus einem Klavier ein Orchester? Wie bekommt man ein
Klavier zum Kreischen und Brüllen oder zum ätherischen Singen? Ein
klangliches Feuerwerk.
Um 19:45 wird Reinhold Friedl eine kurze lockere Einführung in das
Programm und die zeitgenössischen Spieltechniken geben.
Der Übergang zum Oktober ist fließend…
Hermann Keller ist ein besonders profilierter Vertreter der freien
Musikszene; als Komponist und Pianist lotet er insbesondere das
Verhältnis zwischen zeitgenössischer auskomponierter und improvisierter
Musik aus, oft auch am präparierten Klavier.
Aus Anlass seines seines runden Geburtstages im März 2015 spielen er,
sowie Klaus Schöpp (Flöte) und Matthias Badczong (Klarinette) am
Dienstag, 6. Oktober Musik vom Meister selbst sowie Werke seiner
Lehrer, Kollegen und Freunde Johann Cilenšek, Christfried Schmidt,
Friedrich Schenker und die Bearbeitung eines Songs von Franz-Josef
Degenhardt.
Inhalt
Dienstag, 29. September | Reinhold Friedl, Klavier | Inside
Dienstag, 6. Oktober| Hermann Keller 70
Dienstag, 29. September | 20:30 Uhr | Inside
Reinhold Friedl, Klavier
Witold Szalonek
Mutanza (1972)
Alvin Lucier
Music for Piano with Magnetic Strings (1996)
Das Stück besteht aus der schlichten Anweisung mit mehreren
E-Bows auf den Saiten des Flügels zu spielen. Der E-Bow,
kurz für elektrischer Bogen, wurde eigentlich für
Gitarristen entwickelt: mihilfe eines oszillierenden
Magnetfelds werden Metallsaiten permanent in Schwingung
versetzt und es erklingen stehende Töne. Music for Piano
with Magnetic Strings ist sicherlich eines der
klangsinnlichsten Werke von Alvin Lucier, den Pauline
Oliveros treffend als “Poeten der elektronischen Musik“
charakterisierte.
Mario Bertoncini
An American Dream (1974)
Mario Bertoncini ist schlechthin der Pionier auf dem Gebiet
des unorthodoxen Klavierspiels. Inspiriert von seinen
kompositorischen Erfahrungen im elektronischen Studio in
Utrecht in den frühen 60er Jahren, stellte er sich die
Frage, wie man mit einem Flügel stehende Töne erzeugen kann.
Er fand mehrere Antworten: er entwicklet als erster
Streichtechniken mit Bogenhaaren oder Angelschnüren im
Klavier und arbeitete diese präzise in seinem Stück für
mehrere Klaviere Cifre aus, entwickelte aber auch das
sogenannte Bertoncini-Rädchen, das in “An American Dream“
zum Einsatz kommt. Ein von einem Elektromotor getriebenes
kleines Gummirädchen regt die tiefen, umsponnenen
Klaviersaiten an und erzeugt sehr präsente Obertöne. Der
Titel des Stücks ist eine ironische Referenz an den
amerikanischen Minimalismus dieser Zeit. Das Stück ist dem
Pianisten Klaus Billing gewidmet, „to be performed and
listened to by the same person, only one, on a quiet Sunday
afternoon“.
Helmut Lachenmann
Guero (1969/rev. 1988)
Reinhold Friedl
Inside-Piano (2014)
Dieses Stück verbindet verschiedenste Spieltechniken im
Flügelinneren. Unterschiedliche Klangfelder überlagern und
entwickeln sich mehrere Klangschichten und das Klavier wird
schließlich, was es eigentlich immer schon sein wollte:
Bläser, Streicher, Perkussion, schlichtweg ein Orchester…
Reinhold Friedl, geboren 1964 in Baden-Baden, lebt in Berlin.
Studierte Klavier bei u.a. Renate Werner, Alan Marks und Alexander von
Schlippenbach. Komposition bei Witold Szalonek und Mario Bertoncini und
Mathematik in Stuttgart und Berlin. Stipendien in Paris, Rom, Marseille,
Amsterdam. Konzerte in Europa, Nordamerika, Australien und Japan.
Kompositionsaufträge u.a. der Stadt Berlin, Wien Modern, BBC London,
Berliner Festspiele, ZKM Karlsruhe, des Französischen Staates.
Reinhold Friedl ist Gründer und Leiter des Ensembles zeitkratzer.
Reinhold Friedl entwickelte neue Techniken, einen Flügel im Innenraum zu
spielen und prägte hierfür den Begriff Inside-Piano. Er war an
zahlreichen multidisziplinären Kooperationen beteiligt, mit Tänzern und
Choreographen (u.a. Sasha Waltz), Theater (u.a.) Frank Castorf, Video
(u.a. Lillevan), etc.. Zahlreiche CDs und Rundfunkaufnahmen u.a. mit Lou
Reed, Helmut Lachenmann, Keiji Haino, Elliott Sharp, Carsten Nicolai,
William Bennett, Mario Bertoncini.
Dienstag, 6. Oktober | 20:30 Uhr | H. Keller 70
Klaus Schöpp, Flöte
Matthias Badczong, Klarinette
Hermann Keller, Klavier
Johann Cilenšek
Sonate (1960)
für Oboe und Klavier
(Bearbeitung für Klarinette und Klavier: H. Keller)
Christfried Schmidt
S.f.S. (2006)
für Klarinette solo
Hermann Keller | Klaus Schöpp
Improvisation
Friedrich Schenker
Marsch
für Es-Klarinette (für Robert Schenker)
Toccata (1962)
für Klavier
Franz-Josef Degenhardt
Ein schönes Lied
für Gesang und Klavier bearbeitet von H. Keller 2015
Hermann Keller
aus dem Zyklus: Klavierstücke für Lehrer, Kollegen und Freunde (1998-2015)
Für Johann Cilenšek
Für Christfried Schmidt
Für Friedrich Schenker
Für Franz-Josef Degenhardt
Klaus Schöpp studierte in Saarbrücken und Berlin bei Roswitha Staege
und Karlheinz Zoeller. Er wirkte in zahlreichen Orchestern und
Kammermusikensembles mit und war 2001/2002 Flötist im Berliner Sinfonie
Orchester. Mitwirkung in wichtigen Ensembles für Neue Musik (Berlin
Improvising Composers Ensemble BICE, Ensemble UnitedBerlin).
Konzertreisen führten ihn durch ganz Europa, in die USA, nach Kanada,
Brasilien, Japan, China und Korea. Er hat zahlreiche Solo- und
Kammermusikwerke uraufgeführt. Er hat eine Solo-CD mit Werken
zeitgenössischer Berliner Komponisten veröffentlicht („Cry of Medusa“,
kreuzberg records), darüber hinaus liegen zahlreiche weitere
CD-Einspielungen und Rundfunkaufnahmen vor. Er ist Organisator des
modern art ensembles. Für seine Kompositionen für Soloinstrumente und
Kammermusikbesetzungen konsultiert er seit 2009 regelmäßig den
Komponisten Conrado del Rosario. Sie wurden international aufgeführt (in
den USA, in Kanada, Korea und Polen).
Matthias Badczong erhielt in seiner Heimatstadt Oranienburg seine
erste musikalische Ausbildung. Nach mehrfacher erfolgreicher Teilnahme
am nationalen „Wettbewerb junger Talente“ studierte er von 1988 bis 1993
im Hauptfach Klarinette bei Professor Joseph Oehl an der Hochschule für
Musik „Carl Maria von Weber“ in Dresden und setzte im folgenden seine
Ausbildung bei dem Soloklarinettisten der Staatskapelle Berlin Heiner
Schindler fort, von dem er entscheidende künstlerische Impulse
erhielt.Seit 1993 ist Matthias Badczong freischaffend in Berlin tätig.
Neben seiner Tätigkeit in verschiedenen Orchestern und Ensembles
(Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Ensembles „work in progress“
„JungeMusik“ „unitedberlin“ u.a.) widmet er sich insbesondere der
Kammermusik sowie der Interpretation zeitgenössischer Musik.
Hermann Keller gehört zu den markantesten Komponisten der
zeitgenössischen Musik. Er wurde im März 1945 im thüringischen Zeitz
geboren. Von 1963 bis 1968 studierte er Komposition bei Johann Cilenšek
und Klavier bei Ingeborg Herkomer an der Hochschule für Musik „Franz
Liszt“ in Weimar. Von 1968 bis 1971 lehrte Keller im Rahmen einer
Aspirantur an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin. Sein
Mentor war Günter Kochan, dessen Teilnachlass sich bereits in der
Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek
Dresden (SLUB) befindet.
Kellers künstlerisches Wirken sprengt mühelos Medien- und
Spartengrenzen. Viele Medien im SLUB-Bestand belegen es, seien es
Notendrucke, Bücher, Tonträger und Kompositionsautographe. Seit 1971
arbeitete er als Mitglied des „Berliner Improvisations-Quintetts“, dem
späteren „Berliner Improvisations-Trio“, mit Jazz-Musikern zusammen. Das
Ensemble trat bei Jazz-Konzerten und internationalen Jazzfestivals auf.
Keller betätigte sich auch als Solopianist. Von seiner Kammermusik gibt
es Schallplattenaufnahmen und CD-Einspielungen. Seit 1990 lehrt er
Improvisation an der Freien Musikschule „Musikhaus e.V.“ in Berlin.
Improvisation ist für Keller der eigentliche Grund jeglicher Musik, weil
die freie musizierende Tätigkeit die Basis der musikalischen Fähigkeiten
des Menschen bildet. Die weitreichenden Klangentdeckungen gelangen
Keller an präparierten Klavieren oder Flügeln.
Im Jahre 2014 erschien seine „Neue Musiklehre, Grundlage für Komposition
und Interpretation“. Seine Musiktheorie schließt alle Arten von Musik
mit ein, egal ob die Musik getrommelt, gesungen oder auf einem
Melodieinstrument gespielt wird.
„Klavierspiel besteht aus Vernunft, Herz und technischen Mitteln. Alles
sollte gleichermaßen entwickelt sein. Ohne Vernunft sind Sie ein Fiasko,
ohne Technik ein Amateur, ohne Herz eine Maschine.“
Vladimir Horowitz
Herzliche Grüße!
Ihre Rainer Rubbert und Martin Daske
Die Unerhörte Musik wird im Jahr 2015 gefördert aus Mitteln der Stiftung
Deutsche Klassenlotterie Berlin
Alle Veranstaltungen finden im BKA-Theater, Mehringdamm 34, 10961
Berlin, statt. Telefon: 030 – 20 22 007
Eintritt: 12,- / 8,- €
Zehnerkarte: 70,- / 50,- € (übertragbar)