[ 20. November 2015 ]

BERLIN – Unerhörte Musik | Newsletter | 2015 | Nr. 19

Subject: Unerhörte Musik | Newsletter | 2015 | Nr. 19

From: Unerhörte Musik

Unerhörte Musik | Newsletter | 2015 | Nr. 19

NEWSLETTER 2015 | Nr. 19

24. November

1. Dezember

„Wo die konkrete Kunst eintritt, zieht die Schwermut mit ihren

grauen Koffern voller schwarzer Seufzer fort.“

(Hans Arp)

DEGEM,

am kommenden Dienstag, 24. November spielt der Ausnahmeschlagzeuger

Jonathan Shapiro sein Soloprogramm Sweet Anticipation, eine Reise zu

den Anfängen einer neuen Generation von Schlagzeug-Musik.

Mit einem deutlichen Akzent auf Performance-Elementen sowie auf

Live-Audio und Video-Bearbeitung werden in diesem Programm die

akustischen Bestandteile in eine multimediale, theaterartige Erfahrung

verwoben.

Zur Aufführung kommen Werke von Alexander Schubert, Nathan Davis,

Andrej Koroliov, Maximilian Marcoll und Michael Beil.

Auf das Recital Mirror der in New York lebenden französischen

Pianistin Julia Den Boer am darauffolgenden Dienstag, 1. Dezember

mit Werken von Carl Bettendorf, Mark Andre, Alessandro Massobrio,

Rebecca Saunders und Anthony Tan werden wir detailliert im nächsten

Newsletter hinweisen.

Inhalt

Dienstag, 24. November 2015 | 20:30 Uhr | Jonathan Shapiro

Sweet Anticipation

Jonathan Shapiro, Schlagzeug

Alexander Schubert

Laplace Tiger (2009)

für Schlagzeug, Sensoren, Live-Elektronik und Live-Video

Die Verwendung der Sensoren an den Armen des Interpreten

ermöglicht die vollständige Kontrolle der Live-Elektronik

und Strukturierung des Stückes. Diese Bewegungen sind

außerdem der Auslöser für das Live-Video.

Basierend auf dieser technischen Voraussetzung wollte ich

etwas realisieren, das wie eine große Faltung funktioniert:

Das gespielte Material wird zeitlich versetzt mit der

Bewegung des akustischen Instrumentenspiels verwoben – es

wird zeitlich und in Bezug auf die Bewegung ineinander

verschränkt. Doch auch die zusätzlichen Klänge und

Genre-Elemente werden in das Spiel des Schlagzeugers mit

integriert, so dass er in die Lage versetzt wird, diese über

ein solistisches Repertoire hinausgehenden Versatzstücke mit

zu steuern, aber vor allem zu integrieren. Das Verschachteln

von Klangfetzen, der Perkussion selber und der

Live-Elektronik, zusammengeführt in der Bewegung des

Musikers, zu einem Resultat, das zwischen zeitgenössischer

Musik und Electronica liegt, war es, was mich gereizt hat.

Der Titel, angelehnt an den „Laplace Dämonen“ – ein

Gedankenexperiment, das den vollständigen Determinismus

veranschaulicht und anwendet – greift die improvisierte

Natur des Stückes auf. Die herkömmliche Notation aller

Parameter des Stückes, also der Steuerung mithilfe der

Sensoren, wäre zwar machbar, aber würde in meinen Augen die

Energie und von mir erhoffte Spielfreude und -spontanität

behindern und wäre aufgrund der großen Anzahl von

Einflussnahmen und nur bedingt vorhersehbaren Eigenschaften

von kleinsten, live aufgenommen Klangschnipseln wenig

effektiv. Es geht genau um das Zusammenspiel von einem im

Ganzen stark strukturierten Stück, mit ca. 100

Unterregionen, und dem Spiel mit im kleinsten Detail nur im

Allgemeinen vorhersagbaren Klangmanipulationen.

Mir dienen die Felder der mathematischen Integration und

Faltung dabei schlicht als Sinnbild und wissenschaftlich

pseudo-korrekte Beschreibung des Ineinanderklappens von

Zeit, Bewegung und Stilistik.

Alexander Schubert, geboren 1979 in Bremen, studierte in

Leipzig Informatik und Kognitionswissenschaften. Parallel

dazu war er als Musiker und Komponist in verschiedenen

Kontexten tätig. Nachdem er ein Jahr am ZKM in Karlsruhe am

Institut für Musik und Akustik gearbeitet hatte, studierte

er bis 2010 bei Georg Hajdu und Manfred Stahnke Multimediale

Komposition an der Hochschule für Musik und Theater in

Hamburg. Seitdem ist er Doktorand im Themenfeld

sensorgestützter elektroakustischer Performance,

unterrichtet an der Musikhochschule Lübeck und ist als

freischaffender Komponist tätig.

Grundsätzlich beschäftigt er sich genreübergreifend mit der

Schnittstelle akustischer und elektronischer Musik. Formal

notierte Live-Elektronik-Kompositionen und Tonbandwerke

gehören genauso zu seinem Arbeitsfeld wie der Entwurf von

Software-Setups und sensorbasierte Erweiterung von

Instrumenten für eine intuitive Bedienung im improvisierten

Kontext (z.B. “Weapon of Choice“). Ein anhaltender

Schwerpunkt ist die Kombination von improvisierter und

notierter Musik – sowohl auf struktureller wie auf

ästhetischer Ebene (z.B. “Superimpose-Zyklus“). Diverse

Werke weisen multimediale und grafische Elemente auf – zum

Beispiel bei Stücken für Solisten und Live-Video (z.B.

„Laplace Tiger“) und bei interaktiven Installationen (z.B.

„Some forgotten Patterns“).

Neben seiner Tätigkeit als Komponist ist er als Improvisator

in verschiedenen Ensembles tätig, wie z.B. dem

elektroakustischen Free Jazz Quartett „Emder“. Schubert hat

zu zahlreichen szenischen Projekten als Musiker, Komponist

und Programmierer beigetragen (z.B. für Wiener

Festspielwochen, Berliner Staatsoper, MDR, SWR). Alexander

Schubert betreibt das Ahornfelder-Label für experimentelle

Audio- und Buchveröffentlichungen.

Am ZKM in Karlsruhe war er 2008 als Gastkünstler eingeladen.

2009 wurde er mit dem Bourses Residenzpreis ausgezeichnet

und war Preisträger des internationalen JTTP Wettbewerbs und

erhielt ein ICMC Stipendium in Montreal. 2010 ist er

Residenzkünstler an der University of Birmingham und

Stipendiat der Darmstädter Ferienkurse.

Kompositionsaufträge erhielt er unter anderem vom

Internationalen Musikinstitut Darmstadt, dem NDR / Ensemble

Resonanz, IRCAM Paris und dem Ensemble Intégrales.

Aufgeführt wurden seine Werke unter anderem von Ictus

Ensemble, Nadar Ensemble, Ensemble Intégrales, Ensemble

Mosaik, Barbara Lüneburg, John Eckhardt und dem Decoder

Ensemble.

Seine Werke wurden in über 20 Ländern aufgeführt, darunter:

IRCAM Paris, NIME Sydney, ICMC, ZKM Karlsruhe, Darmstädter

Ferienkurse, Steinhart School New York, Essl Museum Wien,

Deutschlandfunk Köln, SMC Porto, MDR, Wiener Festwochen,

Komponistenforum Mittersill, TU Berlin, Kunsthalle Hamburg,

Akousma Montreal, Klangwerktage Hamburg, EMM Kansas, ARD

Hörspieltage, Ljubljana, USA, England, Spanien, Tunesien.

Nathan Davis

Diving Bell (2002)

for triangles and processing

Diving Bell invites the listener to delve deeply into the

sound of the humble and magnificent triangle. By striking

the triangles at different points and with different

materials, and by using a handheld microphone, I extract and

re-sculpt single overtones that are present in the overall

sound of the instruments, hidden sounds that are normally

only apparent when one holds the triangle up to their ear,

like a tuning fork. With the help of tape delay modeling

software, I layer these rich overtones in a structured

improvisation.

Inspired by natural phenomena and the abstraction of simple

stories, Nathan Davis „writes music that deals deftly and

poetically with timbre and sonority“ (NYTimes), elucidating

the acoustics of instruments and the fragile athleticism of

playing them.

Lincoln Center inaugurated its Tully Scope Festival with the

premiere of Nathan’s landmark work Bells, described by

Tommassini in the NYTimesas „an alluring and pensive musical

experience“, and presented other premieres of his work at

the 2013 Mostly Mozart Festival. As an ICElab composer,

Nathan has written many other works for the International

Contemporary Ensemble (ICE) and its members, and has

received commissions from the Calder Quartet, Claire Chase,

Steven Schick, The La Jolla Symphony Chorus, Miller Theatre,

the Ojai Festival (for Eighth Blackbird and an installation

by sound-sculptor Trimpin), SO Percussion, MATA, Yarn/Wire,

and Donaueschinger Musiktage. Nathan has received awards

from the Fromm Foundation, Meet The Composer, American Music

Center New Music for Dance, Aaron Copland Fund, Jerome

Foundation, New Music USA, Concert Artists Guild, ASCAP, The

Trust for Mutual Understanding, and the ISCM. Together with
Phyllis Chen, he scored Sylvia Milo’s acclaimed monodrama

The Other Mozart, which was noted for its „excellent sound

design“ (NYTimes).

Performances of his music have been presented at NYC’s

Carnegie Hall, Miller Theatre, Merkin Hall, Symphony Space,

The Kitchen, Roulette, Le Poisson Rouge, the Stone, Issue

Project Room, the Park Avenue Armory, and the Look and

Listen Festival. His music was featured in portrait concerts

at Spoleto Festival USA and Mount Tremper Arts, and it has

been performed across the country by the San Francisco

Contemporary Music Players, the Calder Quartet, the CSO

MusicNOW, Talujan, TimeTable, and many soloists.

International performances have been heard at Acht Brücken |

Musik für Köln, Aspekte Salzburg, Helsinki Musica Nova,

Internationales Musikinstitut Darmstadt, Audio Art Krakow,

and other festivals in Holland, China, Canada, Mexico, Cuba,

and Australia.

Nathan’s music has been broadcast on NPR’s All Things

Considered, on WNYC’s New Sounds Live, KALW’s Then and Now,

American Public Media’s The Story, on WKCR, and on Q2.

Recordings include a monograph longplay of his chamber works

performed by ICE entitled The Bright and Hollow Sky (one of

TimeOut NY’s top 5 classical albums of 2011) and flutist

Claire Chase’s solo debut Aliento, as well as Travel Diary

from the Meehan/Perkins Duo, Simple Songs from Doug Perkins,

100 Names from Rebekah Heller, Little Things from Phyllis

Chen, and Davis‘ electroacoustic percussion disc Memory

Spaces. Releases from the Calder Quartet and another from

ICE are forthcoming.

Also an active percussionist, Davis has premiered hundreds

of pieces, working with luminaries and fostering emerging

composers. He has appeared as a concerto soloist with the

Seattle Symphony, Tokyo Symphony, and Nagoya Philharmonic. A

core member of ICE, he performs regularly at major venues

throughout NYC, across the US and Europe, and has toured

Russia, Bali, Turkey, and Cuba. He has recorded for

Nonesuch, Tzadik, Mode, Kairos, New Albion, Bridge, BMOP,

and Cold Blue records.

Davis is on the faculty at Dartmouth College where he

teaches lessons and directs the Performance Lab in

Contemporary Music (or CML). He has given masterclasses on

composition, electronics, and extended percussion techniques

at UC Berkeley, CalArts, Rice, Baylor, Yale, the Longy

School of Music, UMass Amherst, Georgia Tech, the Center for

Advanced Musical Studies at Chosen Vail, and the Akademia

Muzyczna in Krakow, Poland, and has been in residence at

Harvard, Princeton, UCSD, Brown, and others. Nathan received

his Masters in Music from Yale University, Bachelors degrees

in both composition and percussion at Rice University, and

was awarded a Fulbright Fellowship to study at the

Rotterdams Conservatorium in Holland.

Andrej Koroliov

Resist Mix (2014)

für drumset, samples, CD

Andrej Koroliov wurde 1982 in Hamburg geboren. Er studierte

Klavier, Komposition und Musiktheorie an der HfMT Hamburg

bei Prof. Marian Migdal, Peter Michael Hamel und Dr. Manfred

Stahnke.

Als Komponist trat er sowohl mit akustischen als auch

live-elektronischen und multimedialen Stücken in

Erscheinung. Seine Werke wurden von Interpreten wie Ensemble

Reconsil Wien, Freiburger Schlagzeugensemble und Decoder

Ensemble u.a. bei Festivals wie Klang Festival Kopenhagen,

„two days and two nights“ Odessa und den Internationalen

Ferienkursen für neue Musik in Darmstadt aufgeführt.

Als Interpret hat Andrej Koroliov als Solist und

Kammermusiker auf sich aufmerksam machen können, u.a. mit

dem ensemble Intégrales beim Schleswig- Holsteiner

Musikfestival und als Solist mit den Hamburger Symphonikern.

Andrej ist Gründungsmitglied von Decoder Ensemble.

Maximilian Marcoll

Compound No. 5: Construction Adjustment (2011)

The pieces of the Compound series are based on sonic

material from my everyday life. The materials are organised

into a network structure, which grows continuously,

independent of actual pieces. The network consists of

recordings, their transcriptions and derivatives which are

interconnected by phenomenological similarities. Compound

No.5: CONSTRUCTION ADJUSTMENT was written for the Black Box,

a custom percussion instrument with an interchangeable

surface and some other features. The piece is based on

recordings of: My favorite Sushi Restaurant in Berlin

Kreuzberg; A shopping mall; Construction Workers in my

backyard; The renovation of a friend’s appartment; The

setting-up of the recording equipment; Wind Clipping in the

microphone on a train; Cooling hot plates in my kitchen.

Maximilian Marcoll, geboren 1981 studierte Schlagzeug,

instrumentale und elektronische Komposition in Lübeck und

Essen, lebt in Berlin. In seiner Werkreihe „Compounds“ (seit

2008) beschäftigt er sich mit der Transkription konkreter,

meist aus dem persönlichen Alltag stammender Klänge und der

Verbindung von Klangverläufen zu einem stückunabhängigen

Material-Netzwerk. Teil der kompositorischen Arbeit ist auch

die Entwicklung von Software, 2010 erfolgte die

Veröffentlichung des Editors „quince“.

M.Marcoll ist Mitglied der Künstlergruppe stock11. Er lehrt

in Düsseldorf und Berlin.

Michael Beil

Batterie (2003)

für Drumset, fixed av

Die Partitur besteht nur aus einem Satz:

Double the tape and make it loud.

Michael Beil studierte in Stuttgart Klavier, Musiktheorie

und Komposition. Ab 1996 unterrichtete er in Berlin

Musiktheorie und Komposition als Leiter der Abteilungen für

Neue Musik und Studienvorbereitung an den Musikschulen in

Kreuzberg und Neukölln. Im Jahr 2000 gründete Michael Beil

zusammen mit Stephan Winkler die Gruppe Skart zur Konzeption

von Konzerten mit intermedialen Inhalten und organisierte

zwischen 2000 und 2007 eine Reihe von Skart-Konzerten. In

dieser Zeit übernahm Michael Beil außerdem die künstlerische

Leitung des Festivals Klangwerkstatt. Neben zahlreichen

Aufträgen erhielt Michael Beil eine Auszeichnung im

Kompositionswettbewerb Camillo Togni in Brescia, Stipendien

für die Cité des Arts in Paris, für das Künstlerhaus

Wiepersdorf und das Heinrich-Gartentor-Stipendium für

Videokunst in Thun. 2007 wurde Michael Beil an die

Hochschule für Musik und Tanz Köln als Professor für

elektronische Komposition berufen und leitet dort das Studio

für Elektronische Musik.

Jonathan Shapiro, geboren 1982 in Washington D.C. (USA), ist der

Schlagzeuger für das Decoder Ensemble, RADAR ensemble, und Ensemble

Laboratorium. Seine Studien hat er an der Manhattan School of Music

(BM), SUNY Stony Brook (MM, DMA), sowie an der Musikhochschule Lübeck

(Aufbaustudium) abgeschlossen. Regelmäßig arbeitet er mit Formationen

wie dem Ensemble MusikFabrik, Ensemble Resonanz, Alarm Will Sound,

Ensemble Courage, und Ensemble Reflexion K zusammen. Darüber hinaus

erhielt er Engagements als Schlagzeuger bei Bang on a Can All-Stars,

Argento Chamber Ensemble, der Internationalen Ensemble Modern Akademie

und den New Yorker Philharmonikern.

Jonathan Shapiro ist Endorser für Zildjian, Mike Balter Mallets und

Black Swamp Percussion. http://www.jonathan-shapiro.com

Willkommen bei einer turbulenten Schlagzeugperformance – mit süßer

Vorwegnahme…

Ihre Rainer Rubbert und Martin Daske

Die Unerhörte Musik wird im Jahr 2015 gefördert aus Mitteln der Stiftung

Deutsche Klassenlotterie Berlin

Alle Veranstaltungen finden im BKA-Theater, Mehringdamm 34, 10961

Berlin, statt. Telefon: 030 – 20 22 007

Eintritt: 12,- / 8,- €

Zehnerkarte: 80,- / 60,- € (übertragbar)

http://www.unerhoerte-musik.de

https://www.facebook.com/pages/Unerhörte-Musik/1511897739097798?ref=hl