Prof. Johannes Fritsch
27. Juli 1941 – 29. April 2010
ein Nachruf auf unser DEGEM Mitglied und langjährigen ersten
Vorsitzenden des INMM
Am 29. April starb der Komponist, Lehrer und Verleger Johannes Fritsch
im Alter von 68 Jahren in Bonn. Die DEGEM trauert um einen
einzigartigen, großzügigen Menschen und Freund. Er wird uns nicht nur
durch sein Werk und unermüdliches Wirken für die Sache der Neuen Musik
in Erinnerung bleiben. Wir erinnern uns auch mit Dankbarkeit an seine
menschliche Integrität, seinen Humor, seine Zuverlässigkeit und die
Beharrlichkeit, mit der er auch für unpopuläre Randgebiete der
zeitgenössischen Musik, die nicht im etablierten Verlags- und
Konzertleben Fuß fassen konnten, eintrat. Sein umfassendes Wissen und
sein großer Bildungshorizont, der weit über die Belange der Musik
hinausreichte, machten ihn zu einem faszinierenden, Respekt
einflößenden Lehrer. Mit Johannes Fritsch und seinen lebenslangen
Aktivitäten verlässt uns auch eine wichtige Facette in der Vielfalt
des heutigen Musiklebens.
Geb. am 27. Juli 1941 in Bensheim-Auerbach an der Bergstraße,
studierte Johannes Fritsch an der Universität und der Musikhochschule
in Köln Musikwissenschaft, Soziologie, Philosophie, Viola und
Komposition bei Bernd Alois Zimmermann. Von 1965 – 70 war er Mitglied
des Stockhausen Ensembles und konzertierte mit diesem weltweit.
Als Komponist erhielt Johannes Fritsch zahlreiche Auszeichnungen, u.
a. den Preis der Biennale Paris, den Robert Schumann Preis der Stadt
Düsseldorf und ein Stipendium in der Villa Massimo Rom. Seine Werke
wurden und werden nahezu in aller Welt in bedeutenden Festivals und
Konzertreihen gespielt. Viele wurden von Rundfunkanstalten produziert
und sind auf CD erschienen.
In den Jahren 1970 und 1971 gründete Johannes Fritsch zusammen mit den
Komponisten Rolf Gehlhaar und David Johnson das Feedback Studio und
den Feedback Studio Verlag, den ersten Deutschen Komponistenverlag.
Studio und Verlag wurden zur Wirkungsstätte des Verlegers, Autors,
Herausgebers und Veranstalters Johannes Fritsch. Hier publizierte er
seine Werke und die von 20 weiteren Komponisten, die Feedback Papers,
Bücher zu Weltmusik Kongressen und CDs. In den Räumen des Feedback
Studios veranstaltete er mehr als 30 Jahre lang kleine Konzerte, die
so genannten Hinterhausmusiken. Sie waren ein Forum für neuste
Strömungen der zeitgenössischen Musik und eine wichtige Station auf
den Konzertreisen vieler Komponisten und Musiker aus anderen
europäischen Ländern und Kontinenten.
Der Lehrer Johannes Fritsch unterrichtete ein breites Spektrum an
Fächern an verschiedenen Institutionen: natürlich Komposition, aber
auch Musiktheorie, Analyse, Musikästhetik, Musiksoziologie,
Improvisation, allgemeine Harmonik u. a. Sein Weg als Lehrer führte
vom Konservatorium der Stadt Köln zur Akademie für Tonkunst in
Darmstadt. Hier lernte er seine zweite Frau, Prof. Dr. Ingrid Fritsch,
kennen, die damals Klavier studierte und später Musikwissenschaftlerin
und Japanologin wurde. Auch ihre Eheschließung 1974 und die Geburt
ihrer Tochter Lena Fritsch, 1982, fallen noch in diese „Darmstädter
Zeit“.
1984 wurde Johannes Fritsch an die Musikhochschule Köln berufen, wo er
als Professor für Komposition lehrte. Er war Dozent bei den
Darmstädter Ferienkursen und arbeitete von 1974 bis 1998, also fast 25
Jahre, im Vorstand des Darmstädter Institutes für Neue Musik und
Musikerziehung, viele Jahre davon als erster Vorsitzender.
KOMPONIST
Das kompositorische Schaffen von Johannes Fritsch ist vielschichtig
und schwer zu erfassen. Geprägt durch die abendländische
Musikgeschichte vom Mittelalter bis zur Moderne, durch
Komponistenpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts so unterschiedlich
wie Bernd-Alois Zimmermann, Karlheinz Stockhausen und Morton Feldman
und durch ein tiefes Interesse an außereuropäischer Musik hat Fritsch
über 127 Werke für alle Besetzungen und Gattungen geschrieben. Seine
Musik ist außerordentlich vielfältig und richtet ihren Fokus fast von
Stück zu Stück auf unterschiedlichste inhaltliche,
kompositionstechnische, philosophisch-ästhetische oder strukturelle
Aspekte. Man mag sich fragen, warum Fritsch, der in zahlreichen seiner
Stücke eine eigene Musiksprache gefunden hatte, sich diese nicht als
Markenzeichen zu Eigen machte und fortan Musik im Stile Fritschs
produzierte.
Er tat es nicht und suchte in seinen Kompositionen immer wieder neue
Herausforderungen und Unbekanntes. Er verarbeitete musikalische
Einflüsse und Eindrücke aus unterschiedlichsten Zeiten und Kulturen,
und ließ Klangwelten, die er sich kompositorisch einmal erschlossen
hatte, in der Regel schnell wieder hinter sich, um sie bestenfalls
Jahre später noch einmal aufzusuchen und unter veränderten
Voraussetzungen erneut zu durchdringen. War es Desinteresse, auf
bereits ausgetretenen Pfaden zu wandeln oder verbergen sich hinter der
Wandelbarkeit seines Werkes die eigenen Zweifel an allem, was aus der
Sphäre der Ideen und Gedanken eine konkrete und endgültige Form
angenommen hat?
Johannes Fritsch schuf Werke elektronischer Musik, z. B. 1964 die
Komposition Fabula Rasa. Es ist abstrakte, ungemein kraftvolle Musik,
von der Fritsch sagte, sie hätte Entsprechungen zu archetypischen
Prozessen in der Natur, wie Stürme oder Gewitter. Unter völlig anderen
ästhetischen Prämissen entstand die ebenfalls elektronische
Komposition Modulation IV von 1968. In ihr werden nahezu
ausschließlich konkrete Klangereignisse, Außenaufnahmen und bereits
existierende klassische und populäre Musik bis hin zu einer James Bond
Titelmelodie (Du Lebst nur zweimal) zu einer dichten Collage verwoben.
Es ist eine radikale Abkehr vom puristischen Erzeugen elektronischer
Klänge am Sinustongenerator, ein Hineinhorchen in die schrille,
lebendige, aber auch verstörende Welt zwischen Attraktion und Ablehnung.
Ein weiteres Thema in Fritschs Werk ist seit den frühen 60er Jahren
die Verwendung von Live-Elektronik, beispielsweise in der Komposition
Partita von 1965/66 für Viola, Kontaktmikrofone, Filter und Regler.
Gleich drei Musiker bedienen das live-elektronische Instrumentarium,
das die Klänge des einzelnen Violaspielers moduliert und in
verfremdeten Kanons reproduziert.
Trotz der Konzentration auf sein kompositorisches Schaffen blieb
Johannes Fritsch zeitlebens Musiker und Improvisator. Er entwickelte
eine eigene Form der strukturierten Improvisation oder die
Improvisationskomposition. Das prominenteste dieser Werke ist sicher
Violectra, ein Stück für Viola d´Amore und Synthesizer, das Fritsch
seit 1971 in vielen Ländern Europas, in Amerika und Japan aufgeführt
hat. Die zahlreichen Aufnahmen dokumentieren den Weg eines Werks durch
35 Jahre Musikgeschichte und ästhetischen Wandel. Der Kern der
Komposition – das tonale Zentrum, aufgespalten im Prisma der
Ringmodulation, die langsamen musikalischen Prozesse im Kontrast zum
energiegeladenen Tremolospiel, oft bis zur Erschöpfung – ist immer
erkennbar. Seine musikalische Ausgestaltung ist allerdings wechselhaft
und spiegelt Fritschs Auseinandersetzung mit Themen der Zeit und
ästhetischen Moden. Violectra ist eine Art klingende Selbstbiographie
des improvisierenden Komponisten.
Ein weiterer Aspekt in Fritschs Werk ist die Interkulturalität. Die
ersten Stücke, die sich diesem Thema annehmen sind Kyo Mu für
Shakuhachi und Tonband von 1982 und Nagori für Shamisen und Stimme von
1987.
In einer Vielzahl seiner Stücke komponiert Fritsch mit bereits
existierender Musik oder inhaltlich aufgeladenem klanglichen Material.
Er arbeitet mit präzisen oder stilistisch assoziativen Zitaten aus
Klassik, Pop, Jazz und schafft eine Metakomposition durch neues
Verknüpfen bereits formulierter musikalischer Inhalte. Dieses
gewichtige Thema in Fritschs Werk findet sich in zahlreichen seiner
Kammermusiken, aber auch in allen Orchesterwerken in unterschiedlicher
Ausprägung. Zuerst in Akroasis von 1966/68, zuletzt im Konzertstück
für zwei Schlagzeuger und Orchester von 1999. Hier sind zu verwischten
Erinnerungen aus der abendländischen Musikgeschichte auch Texte aus
dem I Ging, Vogelstimmen, drumcomputer und das Schnarren mechanischer
Spielzeuge zu hören – ein riesiger Brückenschlag vom Alltäglichen zum
Besonderen, vom Profanen zum Heiligen. Diese Werke sind Musik für den
gebildeten Hörer. Denn wer die vielfältigen, teilweise versteckten
Zitate nicht erkennt, dem entgehen wichtige Aspekte in der
beziehungsreichen Gesamtdramaturgie des Werks.
Mindestens so wesentlich für sein Werk wie die eben beschriebene
Metakomposition ist Fritschs Auseinandersetzung mit verschiedenen
Tonsystemen, mit Mikrotonalität und reiner Stimmung oder sagen wir:
mit der Schnittmenge von Tönen und Zahlen. Am deutlichsten tritt
dieser Aspekt in zwei Werken aus dem Jahr 1973 hervor: In Musica
Mundana, einer Transposition der Planetenbahnen in den Hörbereich und
in Übersetzung von Emotion in Proportion, einem Orgelwerk in 7 Teilen.
Aber auch im Streichtrio 2006 erweitern rein gestimmte 5., 7. und 11.
Obertöne die Skala der chromatisch temperierten Intervalle.
Das Streichtrio 2006 verweist aber noch auf einen weiteren Aspekt, der
Fritschs Musik seit den 80er Jahren zunehmend bestimmt. Es ist die
Reduktion des Materials, die Beschränkung auf das Wesentlichste, das
nötig ist, um einer Komposition Form und Gestalt zu geben und die
glasklare Artikulation desselben. Wiederholungen abgeschlossener
Gedanken, die fast übergangslos nebeneinander stehen, vollkommene
Durchhörbarkeit, kein Verstecken hinter komplexen Konstruktionen,
langsame Tempi, einfache Rhythmen und keinerlei Zeitdruck zeichnen
dieses Komponieren aus.
So schreibt Johannes Fritsch im Vorwort zum Damals-Tryptichon von 1992
für 3 Stimmen und 6 Instrumente von der „Klarheit und Bescheidenheit,
nur das Notwendigste und Richtigste zu sagen und diesen Inhalt in die
angemessene Form zu bringen – so wie der Damals-Text von Beckett mit
all seinen Wiederholungen und Variationen es unnachahmlich geleistet
hat.“
AUTOR UND VERLEGER
Johannes Fritschs Aktivitäten als Autor, Verleger, Herausgeber,
Veranstalter und damit als Mitgestalter des Kölner und des Deutschen
Musiklebens sind eng verflochten mit dem Kölner Feedback Studio
Verlag. In zwei Etagen eines Hinterhauses im Kölner Belgischen Viertel
befanden sich die Verlagsräume und das Aufnahmestudio, das
gleichzeitig als Veranstaltungsraum für die Hinterhausmusiken diente.
Heute würde man diesen Ort wohl als „Zentrum der Musikvermittlung“
bezeichnen. Aber vor vierzig Jahren, als Fritsch diese Arbeit im
Dienste der Vielfalt der zeitgenössischen Musik begann, war der
Begriff der „Musikvermittlung“ noch lange nicht vom kulturpolitischen
Sprachgebrauch geprägt.
Das Verlagsprogramm des ersten Deutschen Komponistenverlags besteht
heute aus ca. 300 Titeln von 20 Urhebern. Es vereint ohne kommerzielle
Präferenzen etablierte Komponisten und Außenseiter der
zeitgenössischen Musik unter der Prämisse der künstlerischen
Originalität und Qualität. Unter den ersten Verlagsautoren finden sich
die Namen Klarenz Barlow, Michael von Biel, Peter Eötvös, Rolf
Gehlhaar, David Johnson, Messias Maiguashca und John McGuire.
Seit 1971 fanden im Feedback Studio gut 150 „Hinterhausmusiken“ statt:
Portraitkonzerte junger Komponisten der Kölner und der internationalen
Avantgarde, Vorträge und Workshops von Komponisten und Interpreten
Neuer Musik und Konzerte mit außereuropäischer Musik. In diesem
Zusammenhang sei auch auf die Weltmusikkongresse aus den 70er und 80er
Jahren verwiesen, die das Feedback Studio in Kooperation mit der AG
Musik in Ostwestfalen-Lippe und dessen Leiter Peter Ausländer
veranstaltete. Die Publikationen und Konzertmitschnitte dieser
Kongresse sind heute noch ein reicher Fundus von ebenso authentischen
wie differenzierten Darstellungen der Musik anderer Kulturen.
Das Feedback Studio und der Herausgeber Johannes Fritsch publizierten
35 Jahren lang eine eigene Schriftenreihe, die Feedback Papers. Die
Reihe umfasst 46 Hefte und Bücher und zeichnet eine Geschichte der
Neuen Musik abseits der philharmonischen Hauptwege und etablierten
Festivals. In den letzten Tagen erschien in dieser Reihe das Buch
Musik und Sprache, literarische Aspekte in den Kompositionen von
Johannes Fritsch von Oxana Omeltschuk.
Johannes Fritsch selbst ist Autor von 36 längeren Texten und Essays zu
kompositionstechnischen, musikästhetischen und musiksoziologischen
Themen. Viele davon sind in den Feedback Papers erschienen und wecken
das Interesse des Lesers mit Titeln wie Die Erschaffung der Weltseele
in Platons Timaios, Die Tonalität des Harry Partch, Musik und
Kybernetik, Musik und Symmetrie oder Mickey-Mouse-Assoziationen. Vor
drei Wochen erschienen seine gesammelten Schriften, Vorträge,
Interviews und Werkkommentare (1964-2006) beim Schot Verlag in einem
Band mit dem Titel Über den Inhalt von Musik.
LEHRER
Der Lehrer Johannes Fritsch war der Vielfalt der zeitgenössischen
Musik gegenüber offen und aufgeschlossen. Ihn interessierte aufrichtig
die Musik Anderer. Viele Facetten außereuropäischer Musik waren ihm
bekannt und geschätzt. Ästhetische Gegenpole wie Schönberg,
Stravinsky, Stockhausen, Zimmermann, Rihm, Zimmermann (Walter), Cage,
Boulez, Feldman und Partch waren ebenso Gegenstand seines Unterrichts
wie Obertongesang der Mongolei, nordindische Kunstmusik, indonesisches
Gamelanorchester oder japanische Shakuhachi Musik. In seinen
Lehrveranstaltungen wurde über die Schriften von Dahlhaus und Adorno
sowie von mittelalterlichen Gelehrten und altgriechischen Philosophen
diskutiert und gestritten. Neben Analysestunden und Seminaren zu
vielfältigen Themen der Neuen Musik unterrichtete er so
entgegengesetzte Fächer wie Improvisation und Musikästhetik oder ein
Fach namens „Allgemeine Harmonik“ in dem über Zahlen und
Schwingungsverhältnisse gegrübelt wurde.
Zu offen, zu informiert und gebildet, als dass er Rezepte für
richtiges oder falsches Komponieren lehren konnte, förderte Johannes
Fritsch insbesondere die Eigenart eines jeden Schülers. Und die
äußerst unterschiedliche Musik von z. B. Georg Hajdu, hans. w. koch,
Sigfried Koepf, Harald Münz, Oxana Omeltschuk, Markus Schmickler,
Volker Staub, Andreas Wagner und Caspar Johannes Walter ist ein Beleg
für den Lehrer, der seine Schüler darin unterstützt, das Eigene zu
finden und auszudrücken. Wie kaum ein Anderer hatte er die Gabe, das
Potenzial und den individuellen künstlerischen Weg des einzelnen
Schülers zu erkennen und zu fördern.
Komplexe Fragen beantwortete er selten aus der Perspektive der eigenen
Meinung, sondern mitunter durch Verweise auf noch komplexere
Literatur: „Wenn Sie sich mit dem Verbindenden zwischen den Künsten
beschäftigen wollen, dann lesen Sie doch Cassirers Philosophie der
Symbolischen Formen“, oder: „in der Mythologica von Claude Lévi
Strauss gibt es hochinteressante Ausführungen über den Sprachcharakter
der Musik“, oder: „im Timaios und im Staat sind Platons wichtigste
Gedanken zur Weltenharmonie formuliert.“ Auf diese Weise lernten seine
Schüler Bücher und Denker kennen, die ein Leben lang faszinieren.
Ich habe Johannes Fritsch als einen äußerst großzügigen Menschen
kennen gelernt, der auch außerhalb des Unterrichts, in Mittagspausen
oder nach Konzerten gerne mit seinen Studenten zusammen war und häufig
alle ohne großes Aufheben einlud. Er war ein Professor, der ganz
selbstverständlich jede Arbeit machte, Konzerteinladungen und
Programme kopierte, frankierte oder Adressen klebte, der nach
Konzerten Lautsprecher, Instrumente und Notenpulte schleppte oder bei
Hinterhausmusiken das teilweise spärliche Publikum mit Handschlag
begrüßte. Er war ein Komponist und Verleger, der sich für die Sache
und die Menschen, die er schätzte, stark machte, ohne hierdurch einen
eigenen Gewinn zu erzielen.
Johannes Fritsch hatte auch zeitlebens einen Hang zum
Unkonventionellen, vielleicht sogar zum Subversiven. Er hatte Respekt
vor Menschen, die in kein Schema passten und keinem geradlinigen
Lebens- und Karriereweg folgten. Er nannte sie liebevoll „Originale“,
Einzelne eben, von denen es keine Kopien oder Serien gab. So
publizierte der hoch gebildete Musik-Akademiker auch ein Buch über
Straßenmusik in Köln.
Ich erinnere mich gerne an die Improvisationsstunden, die er in die
Hügellandschaft des Odenwaldes verlegte. Ein Hörraum ohne Wände in dem
sich Musik und Umweltgeräusche aus verschiedenen Richtungen
vermischten und durchdrangen. Die Kursteilnehmer schlugen sich
improvisierend und lauschend in die Büsche, stolperten durch das
Unterholz und fanden, wenn der Orientierungssinn nicht versagte, nach
einigen Stunden bei Einbruch der Dunkelheit auf einer Lichtung
zusammen, wo Fritsch seine Schüler durch Schläge auf einen
Backblechgong wieder zusammenrief – das Backblech erzeugte, nebenbei
bemerkt, unharmonische Obertonspektren.
Johannes Fritsch starb am 29. April 2010 nach langer und schwerer
Krankheit in Bonn.
Wir trauern um einen großen Künstler und einzigartigen Menschen. Er
hat Spuren in unserer Erinnerung, in unserem Handeln und in unseren
Herzen hinterlassen und wir sind dankbar für die lehrreichen,
inspirierenden, andächtigen und auch unbeschwerten Stunden, die wir in
seiner Gegenwart verbringen durften.
für den Vorstand des INMM
im Mai 2010
Volker Staub