[ 19. September 2014 ]

STUTTGART- ZÜRICH – BASEL – KARLSRUHE – PARIS Reviving Parmegiani (und einen Yamaha CS-40M)

Subject: Reviving Parmegiani (und einen Yamaha CS-40M)
Date: Fri, 19 Sep 2014
From: Sebastian Berweck

Reviving Parmegiani

ein Projekt von Berweck/Broeckaert/Lorenz in Zusammenarbeit mit INA/GRM,
ZKM, SWR

Bernard Parmegiani: Strio/Stries (1. Wiederaufführung nach der einzigen
Aufführung 1980) für Tonband und drei Synthesizerspieler

Henri Pousseur: Paraboles-Mix (Fassung für Raumklangsteuerung und
Live-Elektronik

Martin Lorenz: Structure-Borne Noise für Schlagzeug, Controller und
Live-Elektronik

15.11.2014 Stuttgart Theaterhaus SWR attacca: Parmegiani: Stries (und
Werke von Meadowcroft, Reese, Hilario)
18.11.2014 Zürich Kunsthaus Walcheturm: Parmegiani: Strio, Pousseur, Lorenz
19.11.2014 Basel Gare du Nord: Parmegiani: Strio, Lorenz (und Stiebler)
26.11.2014 Karlsruhe ZKM Imatronic: Parmegiani: Stries & Strio,
Pousseur, Lorenz
05.12.2014 Zürich Kulturhaus Helferei: Parmegiani: Stries (und Werke von
Sciarrino, Saunders, Lentz und Hölszky)
25.01.2015 Paris GRM: Parmegiani: Stries & Strio

Parmegiani – Pousseur – Lorenz

Bernard Parmegiani (1927-2013) war der Grand Seigneur der
elektroakustischen Musik – und zeit seines Lebens doch ein Geheimtip.
Lange Zeit nur in elektroakustischen Kreisen bekannt wurde erst durch
die Nachrufe auf seinen Tod bekannt, welchen Einfluss er auf die
unterschiedlichsten Musikkreise genommen hatte: Wire, Neue Musikzeitung,
Frankfurter Allgemeine, NZZ – sie alle haben ihn zum Schluss noch einmal
gewürdigt und bewusst gemacht, welche Rolle er untergründig doch für
viele gespielt hat. Parmegiani, langjähriger Leiter des Pariser Studios
GRM, gilt für viele als der Meister der Tonbandkomposition. Was die
meisten nicht wissen: es hat auch ein Stück für die Bühne geschrieben,
und zwar für das elektroakustische Trio tm+. Das elektroakustische Trio
tm+ mit Yann Geslin, Denis Dufourt und Laurent Cuniot erforschte wie
einige andere elektroakustische Ensembles der 1970er und 80er Jahre wie
man Live-Elektronik auf der Bühne präsentieren kann und erarbeiteten ein
Repertoire von fast 40 Stücken. Mit dem Verschwinden der damaligen
analogen Synthesizer und dem Aufkommen der digitalen Datenverarbeitung
ist diese Tradition der live-elektronischen Tradition allerdings
untergegangen und auch das herausragende Stries, geschrieben 1980 für
tm+, ist seit über einem Vierteljahrhundert nicht mehr gespielt worden.

Ein ähnliches Schicksal hat das berühmte Paraboles-Mix von Henri
Pousseur erteilt. Die virtuosen und spektakulären live-Remixe der Huit
Etudes Paraboles durch Henri Pousseur auf acht Revox-Bandmaschinen sind
seit über 20 Jahren nicht mehr aufgeführt worden. Im Gegensatz zu Stries
aber, dessen Partitur und die Synthesizer seit Jahrzehnten in den
Archiven der Pariser Studios GRM schlummern, ist die Restauration der
Bänder der Huit Etudes Paraboles durch das Belgische label SubRosa
immerhin schon abgeschlossen und der Arbeitsbericht Henri Pousseurs
wurde musikwissenschaftlich von Christoph Blumenröder in Köln
aufgearbeitet. Es gilt also nichts weniger, als zwei Meisterwerke der
elektroakustischen Interpretation wiederzuentdecken!

Um aber nicht allein der glorreichen Vergangenheit verhaftet zu bleiben
muss die elektroakustische Interpretationsgeschichte durch neue Stücke
weiter geschrieben werden. In Martin Lorenz neuem Stück ‚Structure-Borne
Noise‘ für Keyboards, Schlagzeug und Live-Elektronik werden Instrumente
und Maschienen unterschiedlicher technologischer Entwicklungsstufen und
aus verschiedenen Epochen in Koexistenz zusammen gespielt werden. Es
wird ein Instrumentarium verwendet, das ekeltronische Klänge erzeugt,
oder mit Kontaktmikrophonen abgenommen wird. Es wird also der
Körperschall der Instrumente (beim Schlagzeug) bzw. ein elektronisch
erzeugter Ton (bei der Orgel/Synthesizer) über Instrumentenlautsprecher
verstärkt hörbar. Der eigentliche akustische Klang der Instrumente im
Raum ist inexistent bzw. beim Schlagzeug zwar hörbar aber nur leise im
Hintergrund. Der „Körperschall“, über die Instrumentenlautsprecher
verstärkt wiedergegeben, wird wiederum mit Mikrophonen abgenommen,
live-elektronisch verarbeitet und über acht Lautsprecher im Raum
verteilt. Das Stück zeigt also keine Gegenüberstellung von akustischen
Instrumenten und Live-Elektronik sondern eine klangliche Symbiose
zwischen manuell gespielten elektrifizierten Instrumenten und einer
weiterführenden Klangverarbeitung. Das Stück bezieht sich auf die von
tm+ gegründete Tradition des Spiels mit Elektronischen Instrumenten und
schliesst so den Kreis wieder. Zusammen mit Sebastian Berweck, einem
ausgewiesenen Experten in der Interpretation und Restauration
vergangener elektroakustischer Meisterwerke, und der belgischen
Pianistin Colette Broeckaert soll hier in 2014 eine Tradition
wiederbelebt werden, die schon viel zu lange im Dornröschenschlaf liegt:
live-elektronische Klassiker und Neue Musik für Schlagzeug, Keyboards
und Controller wieder auf die Bühne bringen und zu neuem Leben erwecken.