[ 22. Juni 2012 ]

MANNHEIM – GNADE, Zweiteilige Installation von georg klein

Von: KQ
Datum: 22. Juni 2012 11:10:58 MESZ
Betreff: G N A D E

GNADE

Zweiteilige Installation von georg klein (berlin)

A: Medialer Gnadenaltar im Kopfbau Westflügel, Schloss Schwetzingen
6-kanalige Klang-Video-Installation mit Gnadenszenen aus Mozarts Oper
„La Clemenza di Tito“ und 2 Texten

B: Vier Gnadenschriftzüge mit Klanginteraktion vor Repräsentanzen
finanzieller Macht (in der Innenstadt Mannheims):
– Commerzbank (Alter Messplatz/Schimperstr.)
– Jobcenter/Arbeitsamt (Bismarckring/Ifflandstr.)
– SignalIduna Versicherungen (Vorplatz Hauptbahnhof)
– Deutsche Bank (P7, Wasserturm)

Mannheimer Mozartsommer: 1. – 8. Juli 2012 (9-22Uhr)
Eröffnung: Sonntag, 1. Juli 2012, ca. 13Uhr im Schloss Schwetzingen

http://www.mannheimer-mozartsommer.de/spielplan.php
http://www.georgklein.de/installationen.html

Mozart + Marx
Die „Gnade“ spielt sowohl in Mozarts Leben wie in seinen Werken eine
zentrale Rolle. Am Übergang von der feudalen Gnadengesellschaft zur
selbstbestimmten Bürgergesellschaft mit ihren Idealen der Freiheit und
Gleichheit, war Mozart einer der ersten Künstler, der den Schritt in
die Selbstständigkeit wagte. Und in seinem Werk macht Mozart „Gnade
zum Leitbild seiner Opern. Gnade und Autonomie trennen, bekämpfen,
durchdringen sich dort: zwei Zeiten, zwei Staatslehren, zwei
Ontologien.“ (Ivan Nagel)

Mit dem Projekt GNADE stellt der Klang- und Medienkünstler Georg Klein
diesen fast altertümlich scheinenden Begriff in ein modernes Umfeld,
lässt ihn im öffentlichen Raum auftauchen, um ihm eine provokant-
zeitdiagnostische Qualität abzugewinnen: Es scheint, als hätten wir
eine Gesellschaft, in der der Untertan von der Gunst und Gnade des
Herrschenden abhängig ist, hinter uns gelassen. Doch inzwischen hat
sich ein Finanzaristokratentum gebildet, das die vergangenen
Gnadenstrukturen wiederaufleben lässt. Die Kapitalverwalter gewähren
Kredit und Unterstützung – oder auch nicht – und diktieren die
Bedingungen. Ob als HartzIV-Bittsteller gegenüber dem Staat oder als
Kleinkreditnehmer gegenüber der Bank, ob als insolvenzbedrohtes
Großunternehmen oder als bankrotter Staat: plötzlich spielen Gunst und
Gnade wieder eine zentrale Rolle.
Oder ist es gerade deren Kehrseite – die Gnadenlosigkeit -, die die
Welt des Kapitalismus kennzeichnet ? Damit spielt der zweite Teil der
installativen Intervention im barocken Schloss Schwetzingen: in Form
eines medialen Gnadenaltars treffen hier alle Elemente eines
vergangenen und gegenwärtigen Gnadentums aufeinander, zugespitzt mit
Gnadenmomenten aus Mozarts Titusoper. Dazu treten acht Medienberichte
zu Selbstmordfällen aus der globalen Finanzwelt, im Zusammenspiel mit
einem Textfragment von Walter Benjamin, das den Kult der Verschuldung
analysiert. In dieser zu einem medialen Gnadenaltar geformten
Installation kommt der körperlich-existenzielle Aspekt der Gnade zum
Tragen, während in der Stadt mit den goldenen Gnadenschriften vor
ausgewählten Orten der finanziellen Macht eine ironisch-kritische
Qualität des Gnadenbegriffs aufscheint.

KlangQuadrat – büro für klang- und medienkunst berlin
http://www.klangquadrat.com

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