Ein Leben für die Kunst

Wir trauern um Stephan Wolters, geboren am 30.08.1968 in Dorsten, verstorben am 18.03.2025 in Münster. Ca. 30 Jahre lang war Stephan für das Skulpturenmuseum Glaskasten Marl tätig. Von 2009 bis 2021 durfte ich ihn im Arbeitsumfeld begleiten, und darüber hinaus hat sich auch im privaten eine enge Freundschaft entwickelt, die bis zuletzt anhielt. Offiziell als Museumspädagoge beschäftigt, war er doch so viel mehr für das Museum, die Kolleg*innen, Künstler*innen und auch einige Dienstleistende, zu denen immer gute Kontakte bestanden. Mit seiner unverwechselbaren Art und seiner Einstellung, hat er jeder Person die gleiche Chance gegeben. Stets freundlich, hilfsbereit und mit einem (zu) großen Herzen hat er oft genug über das Mögliche hinaus Lösungen gefunden und umgesetzt. Seine große Leidenschaft im Bereich der Kunst war sicherlich die Klangkunst, die er aus dem Hintergrund durchaus mitgeprägt und aktiv unterstützt hat. Mit seinem besonders feinsinnigen Gehör hat er Tipps gegeben und wusste immer als Erster, wenn etwas nicht richtig lief. Dass der komplette Bestand des Museums inklusive diverser Werke der Kunst am Bau und der Kunst im öffentlichen Raum inventarisiert ist, haben wir Stephan zu verdanken, der diese Tätigkeit akribisch ausgeführt hat. Sein immenses Wissen über die Werke der Sammlung und die Geschichte des Museums hat er stets bereitwillig geteilt. Bei Großprojekten wie den Video- und Klangkunst-Preisen (später Marler Medienkunst-Preise), The Hot Wire der Kooperation mit den Skulptur Projekten Münster 2017 oder Ausstellung Die Spielstraße München 1972 in Kooperation mit Urbane Künste Ruhr 2020 hat er an allen möglichen Stellen entscheidend mitgewirkt. Ob als Kurator bei den Planungen oder der Realisierung war Stephan immer äußerst engagiert. Zuletzt hat er noch aus dem Krankenstand heraus dafür gesorgt, dass für die Ausstellung 21 x 21 Die RuhrKunstMuseen auf dem Hügel die richtigen Werke ausgewählt wurden und alle wohlbehalten in der Villa Hügel ankommen.

Diverse Frühstücksbrötchen, Mittagessen und auch das ein oder andere Feierabendbier haben wir zusammen verspeist und getrunken. Einige Sommer- und Winterfrisuren lang waren wir ein super Team. Privat war Stephan oft in der Natur unterwegs, gern auch in Verbindung mit „Kunst gucken“ . Ein Highlight seines Lebens war sicherlich das Kennenlernen seiner Partnerin in jungen Jahren mit der er bis zu seinem Tod zusammengelebt und die Leidenschaft fürs Wandern, Campen, gutes Essen und die Kunst geteilt hat. Luxusurlaube waren nicht sein Ding, er ist lieber mit Rucksack und Zelt losgezogen. In der Natur konnte Stephan so richtig entspannen und vom Alltag abschalten. Ebenso hat er sehr gern gekocht und dies als entspannend empfunden – mir völlig rätselhaft. Zusammen haben wir ein paar Konzerte besucht, Boule im Park Hoge Veluwe gespielt oder uns zum Dartsspielen getroffen. Er hat mir sehr viel Wissen vermittelt, er war für mich nicht nur ein Arbeitskollege und Mentor, sondern auch ein sehr sehr guter Freund, der mich mit seinem Enthusiasmus und seiner Leidenschaft für die ein oder andere Sache zu begeistern wusste – sei es kulinarisch (Ohne ihn hätte ich wohl nie Soleier probiert.) oder auch mit Wandern und Darts. Bis zuletzt hat er seinen Humor behalten und nie aufgegeben.

Ich erinnere mich voller Dankbarkeit an unser letztes Treffen im Februar bei dem wir noch in Erinnerungen geschwelgt, uns auf den neusten Stand gebracht und auch zusammen gelacht haben. Ein kleiner Trost ist, dass er friedlich im Beisein seiner Familie gehen durfte. Stephan hätte sicherlich eine Ehrung verdient, aber er brauchte und wollte kein Denkmal; er hat sich selbst ein Denkmal in den Herzen vieler Menschen gesetzt. Danke für die gemeinsame Zeit! Du wirst uns allen fehlen!

Christa Appel, Kunsthistorikerin, Arbeitskollegin, gute Freundin

DOWNLOAD NACHRUF VON CHRISTA APPEL

An alle GEMA Mitglieder – Informationsveranstaltung

am 23. Januar 2025 um 15:30 informiert die GEMA am Standort Berlin über den aktuellen Stand der Reformüberlegungen zur Verteilung und zur Kulturförderung im Live-Bereich. Dort soll es ein Update zum aktuellen Stand des Reformvorhabens (Reform Live und Neuausrichtung der kulturellen Förderung) geben.

Wo: GEMA Berlin, Keithstraße 7, 10787 Berlin
Wann: 23. Januar 2025 um 15:30 Uhr
Link zum Programm auf GEMA website

Anfang Februar bietet die GEMA eine Informationsveranstaltung im Online-Format an.
Weitere Termine werden folgen. Link zu Veranstaltungen zu dem Thema auf der GEMA website:
GEMA Informationsveranstaltungen

Dokument mit Überlegungen zum aktuellen Stand von der GEMA website
Dokument mit Überlegungen zum aktuellen Stand der Reformuberlegungen

Vorstandswahlen 2024

Nach 8 Jahren haben sich Ipke Starke und Kilian Schwoon aus dem Vorstand der DEGEM verabschiedet.
Wir sind Ipke Starke und Kilian Schwoon unendlich dankbar und lassen sie nur ungern ziehen.
Neu in den Vorstand gewählt wurden Prof. Teresa Carrasco (Bern) und Maria Pelekanou (Bremen). Wie Micha Harenberg bei der Mitgliederversammlung am 29.September betonte, ist dies ein historischer Moment, da zum ersten Mal seit Bestehen der DEGEM die weiblichen Vorstandsmitglieder in der Mehrzahl sind. Herzlich Willkommen Teresa Carrasco und Maria Pelekanou im Vorstand der DEGEM.

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DEGEM @ ZKM

Le temps s’ouvre – Die sich öffnende Zeit, Festival für elektronische Musik,

26.-29. September 2024
28.9. Symposium: »Futurisms. Perspectives on Emerging Forms of Experimental Music«
28.9. Jahreskonzert DEGEM »Elektroakustische Musik – die Vielfältige«
29.9. DEGEM Mitgliederversammlung
ZKM, Karlsruhe

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Thomas-Seelig-Fixed-Media-Preis an Manuella Blackburn

Manuella Blackburn

Den Thomas-Seelig-Fixed-Media-Preis 2025 erhält die britische Komponistin Manuella Blackburn, die sich in ihren Werken, ihrer Forschung und ihrer pädagogischen Tätigkeit besonders auf die akusmatische Musik konzentriert. Konzepte der Spektromorphologie und des Microsounds adaptiert und kombiniert sie auf überzeugende Weise und schafft so eine funkelnde und mitreißende Musik. Oft ist die Inspiration durch visuelle Erlebnisse im Alltag wichtig. Außerdem lotet sie inter- und transkulturelle Fragen des Sampling in ihrer Musik und ihren Schriften intensiv aus.

Jury: Hanna Hartman, Folkmar Hein und Kilian Schwoon

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Thomas Kessler im April verstorben

Thomas Kessler (1937 – 2024) – Ein unauffälliger Großer

Der schweizerisch-kanadische Komponist Thomas Kessler, Schüler von Paul Hindemith, Ernst Pepping und Boris Blacher, widersteht jedem Versuch, ihn in eine der üblichen musikalischen Kategorien einzuordnen. Dazu ist sein Œvre zu vielfältig, man möchte sagen: vielfarbig. Dennoch hat er es nie an Substanz fehlen lassen. Sein Werk umfasst neben elektroakustischen Stücken Instrumental- und Vokalwerke bis hin zu Kompositionen für großes Orchester, wobei er traditionelle Instrumente immer wieder mit Musikelektronik verband, was zum Teil nie dagewesene synergetische Kräfte freisetzte.

Gegen Ende der 1960er Jahre hatte Kessler das „Electronic Beat Studio“ in Berlin gegründet, ein Ort, der für das Entstehen der sogenannten „Berliner Schule“ sehr wichtig war, einem Zweig der populären elektronischen Musik. Kessler arbeitete dort vor allem mit Tangerine Dream zusammen, wovon sowohl die Musiker als auch er selbst profitiert haben. Über kurze Zeit hat er die Band sogar privat in Kontrapunkt unterrichtet. Und so hat er auch Musik gefördert, die nicht seinen persönlichen Neigungen entsprach.

Eine der wesentlichen Schwerpunkte im Leben Kesslers war die Weitergabe von Musik, als Komponist und als Lehrer. Von 1973 bis 2000 hat Kessler in Basel Komposition und Musiktheorie unterrichtet, seine Schüler waren u.a. René Wohlhauser und Wolfgang Heiniger. 1987 hat er das Elektronische Studio Basel gegründet und aufgebaut, nachdem man an der Musik-Akademie der Stadt Basel schon seit den 1950er Jahren für Akustik und Elektroakustik verstärktes Interesse gezeigt hatte. Ein Mann wie Kessler, der wenig musikalische Berührungsängste kannte, war für den Aufbau dieses Studios genau richtig.

In den Siebziger Jahren erregte er mit seinen fünfzehn Control-Stücken Aufsehen und schuf mit dieser Art der Hybrid-Komposition eine Kategorie, die über das übliche Musizieren mit Live-Elektronik hinausging, und für die man ihn wohl zu Recht als „Spezialist“ bezeichnen konnte. Die elektronischen Anteile schufen nicht nur klangliche Varianten eines Instruments durch das Hinzuziehen von Effekten; die erzielten neuen Klänge ließen das Originalinstrument wachsen und schienen ganz selbstverständlich zu dessen Ton- und Klangumfang zu gehören. Sein „Piano control“ addiert nicht einfach Klänge zum Klavier. Das Klavier vermag plötzlich Dinge zu tun, die es normalerweise nicht kann, so scheint es. Eine eigene Art der elektronischen Klangverarbeitung hat Kessler erfunden, auf kompositorischem, nicht auf technologischem Weg.

Zusammen mit dem Sounddesigner Thomas Seelig trieb Kessler dieses Genre bis in den orchestralen Bereich. Hier seien besonders die drei „Utopia“-Kompositionen erwähnt. Drei Stücke für Orchester, beim dem jeder Instrumentalist eine eigene elektronische Erweiterung live auf dem Podium in sein Spiel einbringen muss, via Mikrophon, Tablet und Lautsprecher. 72 iPads auf der Bühne! Kessler hatte keine Angst vor großen Formaten. Jedes einzelne der „Utopia“-Stücke ist Zeuge eines Weges, den Kessler gehen musste, ohne zu wissen, ob er je ankommen würde.

Seine Musik widersetzt sich Trends, nicht indem sich Kessler ihnen verweigert hat, sondern durch deren Integration. Er hat keine Genres bedient, er hat sie dienstbar gemacht. Mit der Vertonung von Saul Williams’ Poetry Slam wurde er nicht zum Mitglied der Slammer-Szene, seine Arbeit mit Elektronik machte ihn nicht zum einem der vielen Elektroakustischen Komponisten. Er hat sich in diverse musikalische Techniken eingearbeitet und sie dann in seinen Kompositionen angewandt, seinem Personalstil ist er stets treu geblieben.

Kessler konnte man als Künstler und Mensch einen „weltläufigen Mann“ nennen. Seine Wohnsitze in Kanada, Deutschland und der Schweiz hielten ihn in ständiger Bewegung. So natürlich und selbstverständlich wie sein persönlicher Auftritt sind seine Kompositionen: Die Klänge sind nie gekünstelt, sie erscheinen äußerst natürlich, neugierig, offen. Und äußerst konsequent, wie ihr Schöpfer.

Thomas Kessler war zu großen Crescendi fähig, sein Forte war stark, nie laut. Er hat in Dimensionen gearbeitet, an die sich kaum noch jemand herantraut; Thomas Kessler war das, was man einen „Macher“ nennt. Trotzdem war der Kontakt zu ihm stets konziliant, zumeist von freundlichem Tonfall geprägt. Ist das der Grund, warum er von vielen unterschätzt wurde? Kesslers Musik hat etwas sehr nachhaltiges: Beim Anhören auch der älteren seiner Kompositionen wird man feststellen, dass sie nur wenig veralten. Sogar der Einsatz von Ringmodulation, normalerweise als blanker Effekt erkennbar und für manchen Hörer hoffnungslos überholt, wird bei Kessler zu Musik. Solche Zeitlosigkeit erreichen nur die Großen der Zunft.

Thomas Kessler war ein unauffälliger Großer. Und der ist jetzt gegangen.

Michael Hoeldke

https://www.emdoku.de/de/search?query=Thomas%20Kessler&sort=author-asc&style=basic&sources=emdoku,authors

Nachruf von Jeanine Meerapfel, der Präsidentin der Akademie der Künste in Berlin

Larry Polansky (1954 – 2024) 

Der Komponist, Musikwissenschaftler, Dozent, Performer, Programmierer, Herausgeber und Verleger Larry Polansky geboren in 1954, ist am 9.Mai 2024 gestorben. Er lebte in Santa Cruz in Kalifornien (USA), unterrichtete an der UC Santa Cruz und war emeritierter Strauss-Professor für Musik am Dartmouth College sowie Co-Direktor und Mitbegründer von Frog Peak Music.
larry polansky at frog peak music
larry polansky at dartmouth college